Dieser Beitrag ist weniger für eine interessierte Allgemeinheit gedacht, sondern vielmehr für jüngere Profis, die in ihrer Ausbildung von „Einrohrheizungen“ verschont geblieben sind. Was aber nicht bedeutet, dass sie sich im Zuge der Wandlung des Energiebereichs damit nicht früher oder später auseinandersetzen müssen. Häufig hört und liest man, dass es da nur eine Lösung gibt: Alles herausreissen und in Zweirohr neu installieren. Diese Meinung teile ich als „alter Hase“ allerdings nicht und versuche das auch nachstehend zu erklären.
Einrohrheizungen sind per se nichts Schlechtes! Sie wurden zu einer Zeit gebaut, zu der es (noch) wichtig war, die Gesamtbaukosten im Rahmen zu halten und preisgünstige Wohnungen anbieten zu können. Und die Einrohrheizung war ein Instrument, dieses Ziel zu erreichen.
Bestimmungsgemäßer Betrieb
Dass heute Einrohrheizungen verteufelt werden hat nicht unmittelbar mit dem System der Verrohrung zu tun, sondern hängt vielmehr mit der Nutzung der Heizungen durch die Bewohner zusammen. Im Bereich der Trinkwasserhygiene kennt man einen Begriff, der auch bei der Einrohrheizung anzuwenden ist: Und zwar geht es um einen „bestimmungsgemäßen Betrieb„. Wenn etliche Heizkörper nie aufgedreht werden, andere nur sporadisch und dann auch noch erwartet wird, dass eine stundenlang abgedrehte Heizung einen Raum in 15 Minuten gemütlich warm macht, dann handelt es sich dabei eben nicht im einen „bestimmungsgemäßen Betrieb“! Wer mit seinem Verbrennerauto mit dem 4 Gang in der 20-er Zone fährt muss sich auch nicht wundern, wenn das nicht mehr wirtschaftlich – wenn denn überhaupt – funktioniert. Wenn eine Einrohrheizung so betrieben wird, wie sie angedacht war, dann kann auch eine Einrohrheizung wirtschaftlich und mit niedrigen Rücklauftemperaturen arbeiten!
Hydraulischer Abgleich ist immer notwendig
Natürlich bedarf es auch bei einer Einrohrheizung eines hydraulischen Abgleichs. Und der ist auch dort nicht schwieriger als bei einer Zweirohrheizung! Egal ob „klassische“ Einrohrheizung mit „reitendem“ Heizkörperanschluss oder Einrohrheizungen mit 4-Wegeventilen („TA-System“, zuerst ist die korrekte Wassermenge aller Ringe sicherzustellen. Das geht entweder mit korrekt berechneten und eingestellten Strangregulierventilen, das geht mit Differenzdruckreglern und das geht auch mit speziellen Armaturen, wie sie Oventrop im Programm (leider) hatte (Durchflussregler Hydromat QTR); letztgenannte Armatur hatte am Handrad sogar eine Literskala, die Armatur war so spielend einfach einzustellen. Als Alternative bietet Oventrop das differenzdruckunabhängige Regelventil Cocon QTZ an, das allerdings eher nur für kleinere Ringdimensionen geeignet ist bzw. mit einem zusätzlichen Bypass kombiniert werden muss.
Alternativ gibt es beispielhaft auch andere Armaturen, zB. das druckunabhängige Regel- und Einregulierventil TA-Compact-P von IMI. Und dann muss die Wassermenge am Heizkörper stimmen. Bei der klassischen Einrohrheizung ist das mit voreinstellbaren Ventilen mit kvs-Einsatz machbar. Bei Systemen mit 4-Wegeventilen direkt über das Ventil. Was einem nie erspart bleibt: korrekte Istzustandsaufnahme und Berechnung der erforderlichen Einstellungen (mit „probieren“ oder „Versuch und Irrtum“ wird das nicht gelingen). Wenn dann noch kontinuierlich geheizt wird und eben ein bestimmungsgemäßer Betrieb gesichert wird, ist die Einrohrheizung nur mehr vernachlässigbar schlechter als eine Zweirohrheizung.
Wie funktioniert eine „klassische“ Einrohrheizung?
Eine „klassische“ Einrohrheizung mit gleitend angebundenen Heizkörpern funktioniert bestens. Derartige Anlagen habe ich selbst in jungen Jahren hundertfach geplant und niemand musste frieren. War halt damals Stand der Technik für Bereiche, wo Geld eine Rolle gespielt hat.
Ein Venturirohr brauchte man dazu nicht, wurde aber teilweise in späteren Jahren verbaut. Das System lebt von Druckverlusten und das Geheimnis ist eine relativ hohe Ringwassermenge. Die Ringe wurden damals so ausgelegt, dass im Ring ein Druckverlust von 30 mmWS/m war (im Gegensatz zu Zuleitungen, Zweirohranlagen mit 10 mm WS/m). Ob ein Heizkörper ausreichend Wasser erhält oder nicht, hängt von der Länge der „Kurzschlussstrecke“ ab. Und natürlich auch davon, dass das Heizkörperventil und eine ggfs. vorhandene Rücklaufverschraubung keinen hohen Druckverlust aufweisen. Daher bei einer Einrohrheizung zwingend IMMER Schwerkraftarmaturen verwenden. „Gut“ waren auch die alten Rippenheizkörper, die hatten selbst keinen nennenswerten Druckverlust und konnten zudem mit Ventilen bis 1″ ausgestattet werden. Für große Leistungen haben daher Kompaktheizkörper durch die nicht veränderbaren ½“ Anschlüsse technische Grenzen, die man nicht ignorieren sollte! Ich kenne so manches Sorgenkind, wo in Eigentumswohnungen einfach Heizkörper getauscht wurden, weil die neuen schöner sind. Am schönsten sind die Ventilheizkörper – nur halt leider nicht für Einrohrheizungen geeignet, denn mit (viel zu kleinen) Zweirohrventilen und maximal einen ½“ Heizkörperanschluss besteht über den Heizkörper ein so hoher Druckverlust, dass halt nur mehr 10-25% der erforderlichen Wassermenge über den Heizkörper erreicht werden. Die „Lösung“ bestand dann in Einzelfällen im Hochdrehen der Vorlauftemperatur, was im Endeffekt dann eine partielle Fußbodenheizung zur Folge hatte. Damit nicht genug wird auf diese Art jede Art der Heizkostenverteilung ad absurdum geführt, da die Wärmeabgabe über die (nicht gedämmten) Ringe dann oft schon für die Beheizung einzelner Räume ausreichte und diese Wärme eben nicht erfasst werden kann. Das alles ist kein „Fehler“ der Einrohrheizung an sich, sondern der Fehler besteht in der Unwissenheit der handelnden Personen.
Ein „Segen“ war daher die in den weiteren Jahren aufkommenden Systeme mit Lanzenventilen oder auch entsprechenden Hahnblöcken. Bei diesen Systemen gab es dann endlich eine klar definierte Wassermengenaufteilung: Was darf / muss (maximal) über den Heizkörper fließen und was über die im Ventil integrierte Kurzschlussstrecke. Anfangs üblich waren Wassermengenaufteilungen 50-50%, später dann auch bis zu 35/65%. Gut ausgelegte Anlagen wurden auf eine Spreitzung von 15-20 K ausgelegt, waren daher im Endeffekt (bei bestimmungsgemäßen Betrieb!) nicht mehr schlechter als Zweirohrheizungen – aber immer noch wesentlich billiger. Der Kostenvorteil hatte nicht nur mit den Rohrmengen zu tun, sondern auch mit dem bei allen Einrohrheizungen nicht erforderlichen Kreuzungen, die immer zu einer (teuren) Anhebung des Bodenaufbaus führten – wobei das ja Auswirkung auf alle Wände und die Geschoßhöhen hat und daher keinesfalls zu vernachlässigen ist.
Auf Nachtabsenkung verzichten
Was es generell zu beachten gilt: Bei einigermaßen guter Wärmedämmung sollte (im Geschoßwohnbau) auf eine Nachtabsenkung verzichtet werden. Dies deshalb, da damit einerseits den Bedürfnissen der Bewohner nach gemütlichen Raumtemperaturen auch zu später Nachtstunde entsprochen werden kann und in Folge auch Schichtarbeiter nicht mehr durch den Rost fallen. Durch den kontinuierlichen Betrieb entfallen die unseligen Morgenspitzen und ist am Ende eine deutlich geringere Vorlauftemperatur möglich, wodurch der Mehrbedarf in den Nachtstunden kompensiert wird. Ich selbst habe eine Einrohrheizung in einem Haus Baujahr 1957 (wegen Denkmalschutz nur partiell gedämmt) und verzichte seit Jahren auf die Nachtabsenkung. Aus den Energieverbrauchsdaten über 30 Jahre hindurch (!) ist nicht (!) erkennbar, ab welchem Jahr auf die Nachtabsenkung verzichtet wurde! Der thermische Komfort ist aber seither unvergleichbar besser (ganz abgesehen von der Freude der Kinder, die sich die halbe Nacht über nicht mit Schlafen „beschäftigt“ hatten).
Vorsicht bei Heizkörpertausch!
Müssen bei der klassischen Einrohrheizung die Heizkörper / Heizkörperventile erneuert werden ist Vorsicht abgebracht! Bei reitendem Anschluss müssen zwingend „Schwerkraftventile“ verwendet werden. Bei Kompaktheizkörpern muss sichergestellt werden, dass die Ventile einen ausreichend großen Querschnitt aufweisen (eben wieder Schwerkraftausführung) und „Ventilheizkörper“ sind für die klassische Einrohrheizung schlicht und einfach nicht geeignet, da der Widerstand über das Ventil und den Heizkörper nie die notwendige Wassermenge zulassen.
Alles in Allem: Die Bearbeitung von Einrohrheizungen braucht Techniker, die nicht nur Rohre verlegen, sondern auch umfassend erforderliche Berechnungen anstellen können. Mit der heute am Markt erhältlichen Software sollte das aber kein unüberwindbares Hindernis sein.