Goldgräbermentalität

Als E-Auto-Fahrer seit bald 3 Jahren empfinde ich die „Wildwestmethoden“ so mancher Ladeanbieter als einen unhaltbaren Zustand. Unhaltbar ist auch die Ausrede aller Ladestationsbetreiber, dass die Ladesäulen nicht eichfähig wären. Das ist eine faule Ausrede und schlicht der Einfallslosigkeit der Stationshersteller geschuldet. Denn selbstverständlich gibt es schon seit Jahren geeichte Stromzähler mit Datenausgang (Smartmeter), deren geeichte Zählerstände für die Abrechnung herangezogen werden könnten.

Wer eine Ahnung vom Ladeverhalten einer E-Autobatterie hat, der kann mit einer reinen Zeitabrechnung nie und nimmer zufrieden sein. Am Beispiel meiner ZOE sei dies verdeutlicht. Die theoretische Ladeleistung von 22 kW ist nur für kurze Zeit und unter optimalen Bedingungen (Ladezustand der Batterie, Aussentemperatur ..) zu erzielen. Die effektive Ladeleistung für die gesamte Ladedauer bis 100% voll schwankt bei insgesamt 154 Ladevorgängen an einer 22 kW-Säule zwischen 9 und 13 kW, also weit jenseits der 22 kW. Bei der Heimladestation mit 11 kW Ladeleistung schwankt die effektive Ladeleistung nach 123 Ladungen zwischen 7 und 9 kW. Natürlich ist das „Parken“ an Ladestationen durch entsprechende Parktarife zu unterbinden (es parkt auch niemand vor einer Tankstellen-Zapfsäule).

Der aus meiner Sicht einzig korrekte Ladetarif bei öffentlichen Säulen besteht in einer Abrechnung nach kWh (mit einem leistungsabhängigen kWh-Preis) und einem „Parktarif“ nach abgeschlossener Ladung. Da (fast) alle E-Autos den Fahrer mit Mail oder SMS nach Abschluss der Ladung informieren, muss niemand unnötig lange an einer Ladesäule parken. Diese beiden Tarife (kWh-Preis und Parkpreis je Minute) wären leicht an der Säule anzeigbar und das sollte der Gesetzgeber auch schnellstens den Betreibern vorschreiben.

Die aktuelle Goldgräbermentalität so mancher Betreiber schadet der Verbreitung der E-Autos mehr als alles andere.

(Veröffentlicht als Leserbrief in den Salzburger Nachrichten am 13.02.2020)